„Ein umgeschulter Linkshänder – Ursache für Lern- und Leistungsstörungen?“

von Marina Neumann
in: BLZ (Berliner Lehrerzeitung der GEW) Juni 2002

Linkshänder haben es schwer. Sie sind immer noch in der Minderheit, obwohl Wissenschaftler davon ausgehen, dass 50% der Menschen als Linkshänder und 50% als Rechtshänder geboren werden.

Noch immer werden linkshändige Kinder auf die rechte (Schreib-) Hand umgeschult. Manche Kinder passen sich sogar von selbst an die Lebensweise unserer rechtshändigen Gesellschaft an.

Die Umschulung auf rechts hat weitreichende negative Auswirkungen auf die Persönlichkeitsentwicklung und auf das Lern- und Leistungsverhalten des Kindes. Ich selbst wurde bei Schulbeginn auf die rechte Schreibhand umgeschult. Diese Erfahrung hat mir die Schule von Anfang an verleidet und mir immer wieder das Leben sehr schwergemacht; bis vor 2 1/2 Jahren. 1999 habe ich mich auf die linke Hand zurückgeschult, und seitdem hat sich vieles für mich zum Positiven verändert. Der Linkshänder hat von Geburt an seine Dominanz in der linken Hand, d.h. diese hat die größere Kraft und Ausdauer und ist feinmotorisch geschickter. Der Linkshänder hat außerdem seine Dominanz in der rechten Gehirnhälfte. Seine Begabungen und Fähigkeiten liegen eher im kreativen, intuitiven Bereich als im abstrakten logischen Denken. Viele Künstler sind übrigens Linkshänder. Beim Rechtshänder ist es genau umgekehrt, die Dominanz liegt in der rechten Hand und in der linken Gehirnhälfte.

Normalerweise arbeiten beim Links- und Rechtshänder beide Gehirnhälften gut zusammen. Sie sind durch einen Nervenstrang, das Corpus Callosum, miteinander verbunden. In diesem übertragen tausende kleiner Nervenbahnen die Informationen zwischen beiden Hemisphären. Durch die Umschulung auf rechts wird das Kind gezwungen, seinen spontanen Impuls, die linke Hand zu benutzen, zu unterdrücken. Es lernt, dass das linkshändige Dasein und Handeln offensichtlich falsch ist. Bevor es etwas tut, muss es immer erst umdenken und dann das „richtige Händchen“ benutzen. Die rechte Gehirnhälfte, mit ihrer Fähigkeit zur bildhaften Vorstellung und zur Intuition, mit der sie Probleme erkennt und Lösungen findet, wird massiv unterdrückt. Dadurch wird auch die Zusammenarbeit zwischen beiden Gehirnhälften gestört. Das Kind mutiert zu einem Pseudorechtshänder.

Die angeborene Linkshändigkeit kann zwar auf der Verhaltensebene abtrainiert werden, aber innerlich bleibt das Kind immer ein Linkshänder. Darin liegt die ganze Grausamkeit der Umschulung auf rechts. Das Kind wird sich nie ganz wie ein Rechtshänder fühlen können; tief im Innern ist es immer anders, und es geht ihm alles schwerer von der rechten Hand als einem originären Rechtshänder. Am einschneidensten ist der Eingriff in die Persönlichkeit, wenn das Kind gezwungen wird, mit rechts zu schreiben, denn das Schreiben ist ein sehr komplexer Vorgang. Es geht schwer, ist anstrengend, und oft dauert es sehr lange, bis das Kind eine einigermaßen lesbare Schrift entwickelt. Das ständige Umdenken im Kopf, das zwar irgendwann automatisch passiert, kostet immer Energie. Die linke Gehirnhälfte wird chronisch einseitig belastet bzw. überlastet. Das führt zu Gedächtnisstörungen, Konzentrationsstörungen, Lese- Rechtschreib- und Rechenproblemen, Sprachstörungen, Links-Rechtsunsicherheit.

Umgeschulte Linkshänder haben die Grunderfahrung, dass sie so wie sie sind, nicht richtig sind. Dass sie sich immer erst verdrehen müssen, bevor sie akzeptiert werden. Das führt zu einem gestörten Identitätsgefühl sowie zu tiefen Minderwertigkeitsgefühlen. Oft kommen als Symptome Depressionen und Resignation vor.

Normal intelligente, aufgeweckte linkshändige Kinder, die auf rechts umgeschult wurden, entwickeln teilweise massive Lernstörungen. Das lässt die betroffenen Kinder, Eltern und auch Lehrer verzweifeln, solange die eigentliche Ursache nicht erkannt wird.

Es gibt eine Reihe von diagnostischen Verfahren, mit denen man feststellen kann, ob es sich um einen umgeschulten Linkshänder handelt. Außerdem gibt es dann den Ausweg aus dem Dilemma, der in der Regel zu einer wirklichen Verbesserung und Entlastung führt: nämlich die Rückschulung auf die linke Hand.

Marina Neumann

„Linkshänder- noch immer eine unterdrückte Minderheit!“

von Marina Neumann
NAPS (Naturheilkunde Psychologie)
Juli/August 2002

Jeder Mensch wird entweder als Linkshänder oder als Rechtshänder geboren. In der Vergangenheit wurden Linkshänder jedoch kaum in ihrer Händigkeit gelassen.
Auch heute noch werden linkshändige Kinder auf die rechte Schreibhand umgeschult. Das ist ein massiver Eingriff in den Körper und in die Psyche des betroffenen Kindes.

Auch ich war bis vor 3 Jahren umgeschulte Linkshänderin. Das hat mir mein Leben teilweise sehr schwer gemacht. 1999 habe ich mich auf die linke Hand zurückgeschult und finde seitdem zu meiner Identität und meinen Potentialen zurück.
Die Rückorientierung auf die angeborene Linkshändigkeit ist ein ein spannender und umfassender Selbstheilungs- und Veränderungsprozeß. Er ist der einzige Ausweg für diejenigen umgeschulten Linkshänder, die massiv unter den Folgen der Umschulung leiden, z.B. unter Konzentrationsstörungen, Lese-Rechtschreibschwäche, Schlafstörungen, Kopfschmerzen, Minderwertigkeitsgefühle und Depressionen, um nur einige zu nennen.

Die Rückschulung sollte jedoch niemals auf eigene Faust unternommen werden, da sie die Erinnerungen an das Trauma der Umschulung, heftige Gefühle und körperliche Symptome freisetzen kann.

Auf dem Hintergrund meiner eigenen Erfahrung biete ich Beratung, Händigkeitstestung und Begleitung bei der Rückschulung für Kinder und Erwachsene an.

Marina Neumann